Herkunft und Hintergrund von KEH

Den Denkanstoß für KEH hat Walter Eberle Ende der siebziger Jahre durch die positive Psychotherapie des Psychiaters Nossrat Peseschkian erhalten und diesen Ansatz dann weiterentwickelt. Peseschkian war damals Fortbildungsbeauftragter für die Hessische Ärzteschaft und W. Eberle konnte an seinen Kursen teilnehmen. Später haben beide auch gemeinsame Seminare veranstaltet. 

Die komplementär- polaren Denkansätze für KEH reichen allerdings bis weit in die Klassik zu der nikomachischen Ethik des Aristoteles zurück. Es ist zu vermuten, dass Jesus in seinen Lehr- und Wanderjahren auf diese Erkenntnis gestoßen ist und sie sich zu eigen gemacht hat. Einige Paulus-Aussagen, - vor allem in seinen Briefen an Timotheus -, die zunächst ungereimt scheinen, erhalten ihren Sinn erst bei komplementär-polarer Interpretation. Darauf hat in jüngerer Zeit der prominente Theologe Thomas Schirrmacher hingewiesen. Dieser gedankliche Ansatz ging im Christentum verloren, weil sich Kirchenvater Augustinus nicht an Aristoteles, sondern an Platon hielt und ein Schwarz-Weiß-Bild von GUT und BÖSE als christliche Basis schuf, das im Christentum bis in die Gegenwart Bestand hat. 

Seine Definition von Gut und Böse ist linear und er sieht im Bösen „nichts anderes als Minderung des Guten, bis hin zu gänzlichem Nichtsein“. Wenn man in KEH-Denkweise in Anlehnung an eigene Lebenserfahrung erkennt, dass übertrieben GUTES lebensfern und weltfremd wird und BÖSES die Übertreibung von doch auch notwendiger kritischer und strenger Lebensweise ist, verwundert es nicht, dass dieses überkommene Schwarz-Weiß-Bild in einer aufgeklärten westlichen Bevölkerung immer mehr ins Bröckeln kommt; zumal gleichgewichtige fernöstliche Religionen im Zeitalter der Globalisierung immer bekannter werden.

Schon seit G.E. Lessings „Erziehung des Menschengeschlechts“ besteht das Verlangen, geoffenbarte Aussagen auch unter Vernunftüberlegungen zu betrachten.

Immer wieder haben große Denker im Abendland die komplementären Zusammenhänge erkannt. Goethe hat diese Sichtweise schon lange vor C.G. Jung und den Psychoanalytikern zum Ausdruck gebracht:“ Siehst Du also dem einen Geschöpf besonderen Vorzug gegönnt, so frage nur gleich: Wo leidet es Mängel anderswo? Finden wirst Du sogleich zu aller Bildung den Schlüssel.“  Beispielhaft haben sich auch Hermann Hesse und Luise Rinser mit der Polarität auseinandergesetzt. Ernst Jünger hat es auf den Punkt gebracht: "Jeder Mensch hat seine guten Seiten, man muss nur die schlechten umblättern." Martin Buber hat weitsichtig mit seiner Polarität von ICH und DU angesichts des gegenwärtigen Palästina-Konflikts eine längst fällige, zeitgemäße und notwendige Antwort aus polarer Sicht gegeben.

Psychologischen Anschub hat das komplementäre Denken im vorigen Jahrhundert durch den Psychologen Paul Helwig erfahren, der den Gedanken in einem sogenannten “Werte-Quadrat“ vorgestellt hat. Großen Zuspruch hat die Komplementarität weltweit durch Fritz Riemann mit seinen Grundformen der Angst und durch Max Lüscher mit seiner Funktions-Psychologie und dem darauf begründeten Harmoniegesetz erfahren. Weniger bekannt geworden ist der frühere Leiter der Schule Schloss Salem, Heinrich Blendinger, mit seiner Schrift Polarität als Weltgesetz.

Auf der Basis der Wertequadrate hat in der jüngsten Vergangenheit Friedemann Schulz von Thun eine anerkannte Kommunikationslehre geschaffen. In der Unternehmensberatung haben sich inzwischen – ausgehend vom Cattell-Bogen - viele polare Sichtweisen und Persönlichkeits-Inventare eingebürgert. Aber nicht immer sind die Polaritäten komplementär stimmig und der volle Wertgehalt der komplementären Polarität ist nicht ausgeschöpft, weil daraus abzuleitende Gesetzmäßigkeiten nicht erkannt und die für die gekonnte Anwendung  nötigen Werkzeuge bislang nicht entwickelt waren.

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